Tarife und Pauschalen in der Radiologie – Position der SGR-SSR
Ausgangslage
Die diagnostische Radiologie ist eine hochspezialisierte, sehr infrastruktur-intensive Fachrichtung der Medizin. Patientinnen und Patienten werden von Fachärztinnen und Fachärzten und Fachpersonen für Radiologie mit Röntgenstrahlen (konventionelle Röntgenbilder, Computertomographie [CT]), Ultraschall und Magnetfeldern (Magnetresonanz-Tomographie [MRT, MRI]) untersucht. Die interventionelle Radiologie beschäftigt sich mit der minimal-invasiven Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Hilfe radiologischer Methoden ohne Operationsschnitte und vermag zunehmend auf Patienten-schonende und kostensparende Weise aufwändige Operationen zu ersetzen.
Hochspezialisierte und kostspielige Technik
Radiologie ist kostenintensiv. Die einmaligen Beschaffungs- und Installationskosten eines MRI- oder CT-Gerätes liegen zwischen 2–4 Mio. SFr., die laufenden Wartungs- & Updatekosten um 2 Mio. SFr. und die Kosten für das medizinische Fachpersonal zum Betrieb eines Gerätes bei ca. 5 Mio. SFr. über 10 Jahre. Der Nutzen dieser Geräte ist enorm. Mittels bildgebender Verfahren werden präzise Diagnosen gestellt und zielführende Therapien identifiziert. Es werden unnötige Hospitalisationen und Operationen verhindert und so global Kosten eingespart, wie eine aktuelle Studie der Universität St. Gallen gezeigt hat.
Steigende radiologische Untersuchungszahlen sind Ausdruck des grossen Nutzens; sie sind mitunter Folge von Innovation und der Tatsache, dass schnell vorliegende radiologische Befunde möglicherweise unnötige Behandlungsschritte eingrenzen oder gar verhindern. Die Zunahme radiologischer Untersuchungen ist nicht auf eine überproportionale Mengenausweitung zurückzuführen. Radiologen führen stets von anderen Ärztinnen und Ärzten indizierte Untersuchungen durch. Sie betreiben keine Mengenausweitung, da sie ausschliesslich auf Zuweisung arbeiten.
Tarife müssen wirtschaftlich sein
Die Tarife für eine radiologische Untersuchung sind im ursprünglichen Tarifsystem TARMED auf Basis echter Kostendaten festgelegt worden. Das Krankenversicherungsgesetz (KVG) hält fest, dass ein Tarif nur die ausgewiesenen Kosten decken darf. Zwischenzeitlich wurden die Tarife für CT und MRI zweimal gesenkt (2017 und 2023) – ein politischer Entscheid. Es wurden keine neuen Kostenberechnungen durchgeführt. Die im (noch nicht bewilligten) TARDOC festgelegten Tarife sind deutlich zu tief angesetzt.
Die SGR setzt sich für die Weiterentwicklung des TARMED ein und unterstützt eine KVG-gerechte Anpassung der Tarife. Die Tarife im TARDOC sind praxisfern und reflektieren nicht die wahren Kosten. Qualitätseinbussen oder künftig gar das Verschwinden zielführender Untersuchungen sind mögliche Folgen. Das führt zu Mehrkosten und zu schlechterer Patientenversorgung.
Bildgebung ist nicht gleich Radiologie
Sämtliche Tarife der Radiologie sind im Kapitel 39 des TARMED zusammengefasst. Die darin definierten Tarife stehen im negativen Ruf, eigentliche Kostentreiber zu sein. Das hat einen bestimmten Grund: In der Schweiz wird Bildgebung nicht ausschliesslich von Radiologinnen und Radiologen betrieben. Radiologinnen und Radiologen arbeiten nur auf Zuweisung. Es besteht kein Missbrauchspotenzial. Dennoch wird das Kostenwachstum in Tariffragen alleinig der Radiologie angelastet und deren Tarife wurden bisher mehrmals ohne Wirtschaftlichkeitsprüfung erheblich gesenkt. Dies ist für die Qualität der durch Radiologen betriebenen kostenintensiven Untersuchungstechniken wie Computertomographie (CT) und MR-Tomographie (MRI) verheerend – obwohl gerade diese zwei Modalitäten zu einer erheblichen Qualitätsverbesserung der Medizin beitragen.
Effektive Kostentreiber sind die diversen Ultraschall-Untersuchungen durch Spezialisten wie Kardiologen, Gastroenterologen, Angiologen etc. Diese Untersuchungen werden über das Kapitel 39 des TARMED abgerechnet. Die Kosten werden also nicht massgeblich von Radiologen verursacht. Unabhängige Daten zeigen, dass Kostensteigerungen im Kapitel 39 vor allem durch Nicht-Radiologen verursacht werden. Dabei fällt vor allem der Ultraschall mit fast 20% Kostensteigerung pro Jahr auf. Problematisch ist, dass diese Ultraschalluntersuchungen oft auf Selbstzuweisung basieren. Sie führen so zu einer übermässigen Mengenausweitung ohne Qualitätsverbesserung in der Patientenbetreuung.
Entwicklung funktionierender Pauschalen
Die SGR hat schon vor Jahren als eine der ersten Fachgesellschaften Pauschalen entwickelt, welche von den anderen Tarifpartnern gutgeheissen wurden. Das BAG hat sich mit formalistischen Argumenten gegen die Einführung gestemmt. Leider ist von diesen Vorarbeiten nichts in das Pauschalen-Konzept eingeflossen, welches dem Bundesrat zur Beurteilung und Bewilligung eingereicht wurde. Das Pauschalen-Paket ist für zahlreiche medizinische Fachrichtungen unbrauchbar, da es praxisfern und nicht auf der nötigen Datenbasis ausgestaltet wurde. Was die Radiologie betrifft verfügt die SGR über taugliche und zukunftsweisende Vorschläge, wie faire und sachdienliche Pauschalen sinnvoll gestaltet werden könnten. Wir streben eine enge und partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den involvierten Verbänden und Tarifpartnern an. Wir haben das fachliche Wissen, damit Pauschalen im radiologischen Alltag anwendbar sind. Da gesetzlich festgelegt ist, dass bei geeigneten Behandlungen Pauschalen statt des Einzelleistungstarifs anzuwenden sind, besteht dringender Handlungsbedarf.