(SGR-SSR) zum EFK-Bericht
Mechanismen zur angemessenen Verwendung bildgebender Verfahren in der Medizin
Die Schweizerische Gesellschaft für Radiologie (SGR-SSR) anerkennt die sachliche Darstellung der Daten durch die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) in ihrem Bericht (EFK – 22613) »Mechanismen zur angemessenen Verwendung bildgebender Verfahren in der Medizin). Die EFK hat eine umfassende Analyse vorhandener Daten und Statistiken vorgenommen.
Gleichwohl ergänzen wir als Fachgesellschaft, die rund 1200 Mitglieder vertritt, die Interpretation zentraler Aspekte dieser Ergebnisse. Insbesondere vermissen wir eine ausgewogene Betrachtung des medizinischen Nutzens bildgebender Verfahren für Patientinnen und Patienten sowie eine differenzierte Einordnung der Kostenentwicklung im Gesamtkontext der Gesundheitsversorgung.
1. Interpretation der Zahlen: Einseitigkeit statt Kontext
Die Darstellung des EFK-Berichts vermittelt den Eindruck, dass der Umfang bildgebender Diagnostik übermässig sei – es wird ein «zu viel» und «zu teuer» suggeriert. Daraus werden unmittelbar regulative Steuerungsmassnahmen abgeleitet, um die Inanspruchnahme zu senken. Diese Schlussfolgerung basiert jedoch im Wesentlichen auf Vergleichen mit anderen Ländern, der Gegenüberstellung mit anderen medizinischen Fachgebieten, ohne allerdings den konkreten Nutzen für Patientinnen und Patienten einzubeziehen.
Die EFK räumt selbst ein, dass die Auswirkungen der Zunahme bildgebender Diagnostik auf die Gesamtkosten des Gesundheitssystems nicht zu ermitteln seien. Wegen dieser Unschärfe sollte von regulatorischen Empfehlungen abgesehen werden.
2. Internationale Vergleiche: Verzerrt und unvollständig
Beim Vergleich der Geräteverfügbarkeit pro Million Einwohner verweist der Bericht im Text sehr deutlich ausschliesslich auf Länder mit sehr niedriger Dichte (z. B. Niederlande, Belgien). Länder mit vergleichbarer Dichte wie Deutschland oder Italien werden mutmasslich nicht berücksichtigt. Die Daten zeigen, dass die Versorgungsdichte in Deutschland und Italien nur geringfügig unter der Schweiz liegt. Aber gerade in Deutschland sind die Wartezeiten auf Untersuchungen deutlich länger als in der Schweiz. Dies bestätigt den effizienten Einsatz bildgebender Verfahren in der Schweiz.
3. Inländische Verteilung und regionale Unterschiede
Inländische Unterschiede in der Inanspruchnahme radiologischer Leistungen werden zwar benannt, jedoch nicht im Lichte geografischer oder sozioökonomischer Faktoren analysiert. Diese sind jedoch wesentlich für das Verständnis regionaler Versorgungsmuster.
4. Vergütung der «Technischen Leistungen»: Unzureichende Abbildung der Realität
Die Kritik der EFK an einer vermeintlich zu hohen Vergütung der «Technischen Leistungen» greift zu kurz. Diese Leistungen decken wesentliche Kostenkomponenten: Investitionen in Infrastruktur, Instandhaltung, Betriebskosten (Strom, Wasser, Kälte) und vor allem das nicht-ärztliche Personal. Seit 2014 wurden diese Leistungen mehrfach gekürzt (um ca. 8.5 und 10%) und sinken erneut durch TARDOC (eine MRI-Untersuchung des Kopfes wird nach TARDOC ca. 48% schlechter vergütet als vor dem ersten bundesrätlichen Tarifeingriff im Jahr 2014) – bei gleichzeitig massiv gestiegenen Kosten in allen Bereichen. Die im Bericht verwendeten Musterrechnungen und Auslastungsannahmen (50 % für CT, 70 % für MRI) entsprechen nicht der heutigen Realität.
5. Empfehlungen der EFK: Bürokratie statt Nutzen
Die empfohlenen Steuerungsmassnahmen würden vor allem den administrativen Aufwand erhöhen, ohne einen Beitrag zur Versorgungsqualität zu leisten. Dabei bestätigt die EFK selbst, dass die Durchführung und Indikationsstellung in der Radiologie einheitlich und gewissenhaft erfolgt – ein klarer Beleg für die Selbstverantwortung der Ärzteschaft.
Die steigenden Untersuchungszahlen sind kein Zeichen von Überversorgung, sondern spiegeln die wachsende Bedeutung der bildgebenden Diagnostik für die moderne Medizin wider. Zuweisende Ärztinnen und Ärzte entscheiden auf Grundlage medizinischer Notwendigkeit – nicht aus wirtschaftlichem Interesse. Dies lässt sich klar zeigen, als dass das die EFK keine Hinweise gefunden hat, dass zuweisende Ärzte unerlaubte Rückvergütungen oder finanzielle Benefits erhalten würden. Zudem hat der demographische Wandel sowie das Bevölkerungswachstum in der Schweiz direkten Einfluss auf die Untersuchungszahlen.
Die SGR-SSR begrüsst hingegen den Vorschlag der Integration radiologischer Bilder ins EPD. Sie unterstützt eine evidenzbasierte Weiterentwicklung und stärkere Digitalisierung des Gesundheitssystems zugunsten der Patientinnen und Patienten – mit der Radiologie als tragende Säule.
6. Fehlende Nutzenbewertung der Bildgebung
Nicht nachvollziehbar ist die vollständige Ausklammerung des positiven, auch ökonomischen Nutzens bildgebender Verfahren. Diese ermöglichen den Verzicht auf invasive Eingriffe (z. B. Arthroskopien, Herzkatheteruntersuchungen, Laparotomien) und fördern durch frühzeitige Diagnosen eine rasche Therapieeinleitung – mit entsprechendem Einsparpotenzial bei Folgebehandlungen sowie verbesserten Outcome beim Patienten.
Ergänzend ist zu erwähnen, dass sich in der Schweiz nicht nur eine hochstehende medizinische Bildgebung entwickelt hat, sondern dass sich auch die wissenschaftliche Leistung im Bereich der Radiologie auf weltweitem Spitzenniveau befindet.
Fazit
Die SGR-SSR plädiert dafür, die Radiologie und deren Leistungen differenziert zu betrachten und darzustellen: Bildgebende Diagnostik ist ein zentrales Element moderner, effizienter und qualitativ hochwertiger medizinischer Versorgung. Der EFK-Bericht liefert wertvolle Daten, doch deren Interpretation muss um den klinischen, versorgungsbezogenen und wirtschaftlichen Nutzen ergänzt werden.
Regulatorische Eingriffe dürfen nicht auf Basis unvollständiger Schlussfolgerungen erfolgen. Die SGR-SSR setzt sich dafür ein, die ärztliche Eigenverantwortung zu stärken. Sie will zudem eine evidenzbasierte Weiterentwicklung des Gesundheitssystems zugunsten der Patientinnen und Patienten vorantreiben – mit der Radiologie als tragende Säule.